Débat public Technocentre (Stellungnahme TRAS)

Keine neue Atomanlage («Technocentre») in Fessenheim!

Der Trinationale Atomschutzverband (TRAS) spricht sich gegen die Erstellung einer neuen Atomanlage («Technocentre») in Fessenheim aus. Die Verheissungen der Electricité de France, es würden hier nur sehr schwach radioaktive Metalle recycliert, widerspricht den Fakten.

Um eine blosse «Industrieanlage» (nach ICPE)[1] zu sein, muss die Radioaktivität auf dem Gelände zu jedem Zeitpunkt unter einem bestimmten Wert liegen, sowohl für jedes Radioisotop als auch insgesamt (Q-Faktor). Die Bauteile, die in Fessenheim ankommen werden, darunter Dampferzeuger und Uran, die eine «mittelaktive» Radioaktivität aufweisen, überschreiten die Limiten von sehr schwach radioaktiven Abfälle (< 100 Becquerel/Gramm) um ein Vielfaches. Es ist deshalb unmöglich, dass der so genannte Q-Faktor eingehalten werden kann.

Die Standortwahl für das «Technocentre» in Fessenheim ist ungeeignet wegen der Grenznähe, der vorherrschenden Windrichtungen und der dichten Besiedlung der Region. Von radioaktiven Emissionen (Luft, Wasser, Boden) sind die Nachbarländer ungleich stärker betroffen als Frankreich, das die Abfälle selber verursacht hat. Es gäbe in Frankreich dünner besiedelte Gebiete nahe von bestehenden Atomanlagen, die sich besser eignen das dicht besiedelte Elsass.

Aachener Vertrag

Die Umnutzung des Atomgeländes von Fessenheim ist Gegenstand des Aachener Vertrags vom 22. Januar 2019 über die deutsch-französische Zusammenarbeit. Über 15 verschiedene nicht-nukleare Projekte wurden geplant, die allerdings bei Erstellung des Technocentre hinfällig wären, weil niemand neben einer neuen Nuklearanlage investiert.

TRAS bittet die französischen Behörden, sich an den Aachener Vertrag zu halten und auf eine Neuansiedlung radioaktiv belastender Industrieanlagen zu verzichten. Damit können auch Kollateralschäden für Tourismus und Weinbau in der Region vermieden werden.

Unbegrenzte Standortnutzung?

Der Bau und Betrieb des Technocentre ist nicht befristet. Die Anlage könnte so lange betrieben werden wie Atomkraftwerke in Frankreich entsorgt werden müssen, also über biblische Zeiträume bis weit ins 22. oder 23. Jahrhundert.

Dies hätte nicht nur Folgen für die Kategorisierung der Anlage, sondern könnte auch die sehr freundschaftlichen Beziehungen in der Region belasten, besonders wenn sich die radioaktiven Emissionen auf Grund von unvorhergesehenen Ereignissen grösser sein werden als erwartet. Die erwarteten Mengen zu entsorgender Materialien sind sehr gross: Die Jahresmenge von 20.000 Tonnen Metall ist viermal grösser als bei der EDF-Anlage Cyclife Sweden, wo pro Jahr maximal 5.000 Tonnen behandelt werden.

Im Oberrheingraben befindet sich das grösste Grundwasservorkommen Europas. Eine potenzielle Gefährdung durch Stoffeinträge über den Grundwasserpfad und in Wechselwirkung mit dem Rhein südlich von Breisach ist nicht auszuschliessen. Daher wäre die Überwachung des Grundwasserstroms von hoher Bedeutung, findet aber in den Unterlagen der EDF keine Erwähnung.

Aufgrund eines durch Erdbeben, Hochwasser oder sonstige Einwirkungen verursachten Bruchs des Dammes des Rheinseitenkanals kann es zu Überschwemmungen des Technocentre kommen. Die Frage ist, welche Schutzmassnahmen in einem solchen Fall für die Anlage vorgesehen sind und ob sie ausreichen werden.

TRAS befürchtet zudem, dass die Nachbargemeinden in Deutschland und der Schweiz keine Möglichkeiten haben werden, die von EDF publizierten Daten über radioaktive Emissionen in die Luft und in die Gewässer auf ihre Wahrhaftigkeit zu prüfen. Betroffen von Lücken bei der Registrierung von Emissionen wären in erster Linie die Grenznachbarn, denn sowohl die flüssigen Abwässer wie auch die Luftemissionen an diesem Standort werden von Frankreich weggetrieben. Diese Lastenverschiebung auf die umliegenden Körperschaften halten wir politisch für problematisch und, wegen der Fragmentierung von Verursachern und direkt Betroffenen in unterschiedlichen Ländern, für unakzeptabel.

Wir bitten deshalb die französischen Behörden, den ursprünglich vorgesehen Standort für ein Technocentre in Tricastin anstelle von Fessenheim erneut in Erwägung zu ziehen, oder einen anderen Ort mit dünner Besiedelung auszuwählen, und die ablehnende Haltung der Bevölkerung im grenznahen Raum, zu respektieren.

[1] ICPE Installation classée pour la Protection de l’Environnement

Lesen Sie hier die Stellungnahme von TRAS:
Deutsch: Stellungnahme TRAS débat public technocentre-2025-02-03 _final_d-1 Französisch: Stellungnahme TRAS débat public technocentre-2025-02-03 _final_f

Mitgliederversammlung 2024 und Auftaktveranstaltung

Mitgliederversammlung 2024 und Auftaktveranstaltung zum neuen Netzwerk Klima- und Atomschutz Süddeutschland am 26. Juni 2024 in Freiburg i. Br.

Unter folgenden Links finden sich:
2024_TRAS-Einladung-MV-2024
2023_2024_TRAS Jahresbericht_DEF
Protokoll MV TRAS 2024
Präsentation Rudolf Rechsteiner – Statuarischer Teil
Präsentation Eva Stegen – Vom erfolgreichen Deutschen Atomausstieg und der andauernden Bedrohungslage der Schweizer AKW
Präsentation Alfred Böcking – Schwache Strahlen – Harte Fakten

Am 26. Juni fand in Freiburg im Breisgau die diesjährige Mitgliederversammlung des Trinationalen Atomschutzverbandes (TRAS) statt. Der Veranstaltungsort im neuen Rathaus hätte nicht besser sein können: Es handelt sich hier nämlich um ein «Plusenergiehaus», das mehr Energie über regenerative Quellen erzeugt als es benötigt und somit den eigenen Bedarf decken kann. Schon zu Anfang des statutarischen Teils war der Saal randvoll.

In Abwesenheit der Präsidentin (Nationalrätin Irène Kälin nahm in Bern an einer Sitzung der Finanzdelegation teil) übernahm Vize-Präsident Rudolf Rechsteiner die Sitzungsleitung. Die Genehmigung des Jahresberichts, Jahresrechnung und der Bestätigung der Revisionsstelle  erfolgte einstimmig.
Anschliessend stellte sich die neue Geschäftsführerin Stephanie Eger vor und begrüsste die Teilnehmenden. Die Juristin aus Holland lebt mit ihrem Mann in Zürich und bringt eine langjährige Erfahrung in der NGO-Arbeit mit; zuvor arbeitete sie für die niederländische Atomaufsicht innerhalb des Wirtschaftsministerium. Steohanie Eger trat die Fuinktion der Geschäftsführerin von Tras am 15. November 2023 (Nachfolge von Fabian Lüscher).

Ebenfalls neu wurde Thomas Hertle als Repräsentant und Koordinator für Süddeutschland vorgestellt. Der Freiburger war 30 Jahre Unternehmer und ist Mitglied in vielen regionalen Initiativen.
Die bekannte Energiereferentin Eva Stegen, Wahl-Freiburgerin und promovierte Biologin, wurde unbestritten in den Vorstand bestellt. Als Journalistin und engagierte Expertin für die Ablösung des fossil-atomaren Energiesystems ist sie seit fast 20 Jahren als Energiereferentin bei der EWS (Elektrizitätswerke Schönau) tätig.

Nach einer Pause mit Brezeln und Kaffee geht es weiter mit der Auftaktveranstaltung zum neuen Netzwerk Klima- und Atomschutz Süddeutschland. Nach einem freundlichen und ermutigenden Grusswort von Freiburgs Umweltbürgermeisterin Christine Buchheit übernahm Fachjournalist Bernward Janzing die Moderation. Als erster Referent erhielt Florian Kasser, Präsident der Allianz Atomausstieg, das Wort. Er gab eine Übersicht der Schweizer Atompolitik und was in den nächsten Jahren zu erwarten ist. Dazu gehören ein Referendum zur Aufhebung des geltenden AKW-Neubauverbots und eine mögliche Verlängerung der bereits stark strapazierten Überzeitverlängerungen der laufenden AKWs. Viel Beifall behielt Herr Kassers hoffnungsvoller Blick in die Zukunft: «Die Atomhunde bellen, die erneuerbare Karawane zieht weiter.»

Als nächstes war Eva Stegen dran. Mit einer guten Dosis Humor zeigte sie auf krasser Weise auf, was für Unsinn immer wieder zum Erhalt der Atomenergie und gegen den Ausbau der Erneuerbaren gewettert wird. Dazu gehören Aussagen wie «Physikalisch ausgeschlossen … Deutschlands #Energiewende hat das mögliche Maß erreicht» von Hans-Werner Sinn (aus 2015), die von Frau Stegen mit Statistiken widerlegt wurde. Die Botschaft an die Schweiz war klar: Glaubt den Horrorstories, dass sobald die Atomkraft abgedreht wird Licht und Heizung ausgehen nicht. Der Ausbau der Erneuerbaren ist ein zuverlässiger und preisgünstiger Weg in die Zukunft.

Bevor es zur Präsentation des neuen Netzwerkes ging, gab es eine Präsentation der IPPNW.
Herr Dr. Böcking zeigte in seinem online Beitrag auf, wie schwerwiegende Konsequenzen Niedrigstrahlung für uns Menschen haben kann. Da Strahlung ja nicht bei der Grenze aufhört, war dies ein gutes Beispiel dafür, wie die süddeutsche Region von den Schweizer AKW gefährdet wird. Das Vornehmen von TRAS, ein Netzwerk zum Klima- und Atomschutz der süddeutschen Region zu gründen, fand daher viel Beifall. Trotz schönem Wetter lief der Ideenaustausch auf Hochtouren.

Im Diskussionsteil der Versammlung befasste sich Rudolf Rechsteiner mit der Frage, welche Gefährdung von den Schweizer Atomanlagen für die Bevölkerung in Süddeutschland ausgeht. Mit dem Entscheid über das neue Stromgesetz vom 9. Juni 2024 wurde die Schweizer Elektrizitätswirtschaft auf neue Grundlagen gestellt. Innert 10 Jahren soll die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien laut Gesetz um 35 TWh gesteigert werden, was dem eineinhalbfachen der bisherigen Stromerzeugung aus alten Kernkraftwerken entspricht. Für Rechsteiner überraschend war die breite Unterstützung dieses Gesetzesvorhaben, das trotz Opposition der Atomlobby und der SVP auch bei Mitgliedern der „Atomparteien FDP und SVP mehr als nur vereinzelte Unterstützung fand. Dies erklärt auch die hohe Zustimmung von 68,7% der abgegebenen Stimmen.

Die alten Reaktoren wurden für einen Betrieb von 30 bis 40 Jahren gebaut. Um den Weiterbetrieb zu ermöglichen, hat der Bundesrat (Exekutive der Schweiz) viele Vorschriften gelockert.
Die Schweizer Atomaufsicht verhält sich nicht wirklich unabhängig. Sie kooperiert eng mit den Betreibern, begrüsste wiederholt die Lockerung von Vorschriften oder initiierte diese selber.
Der Überzeitbetrieb ohne Mitsprache der betroffenen Nachbarländer und ohne Umweltverträglichkeitsprüfung verstösst gegen die ESPOO Konvention von 1997. Die Schweiz unterläuft mit der Praxis die Espoo Konvention, indem wiederkehrende Verlängerungen in einem Briefwechsel zwischen Aufsichtsbehörde und Betreibern genehmigt werden, ohne dass eine international abgestützte Umweltprüfung stattfindet.
In der Espoo-Konvention festgehalten, dass die Ursprungspartei bei ihrem Entscheid auch die Ergebnisse der Anhörung im Nachbarstaat beziehungsweise in den Nachbarstaaten (betroffene Parteien) berücksichtigt.
Die Teilnehmenden begrüssten generell die vom Vorstand geplanten Schritte.

        

Medienmitteilung: Atomausstieg gefährdet

28. August 2024, Basel – Der Bundesrat hat heute die Eckwerte seiner Botschaft zur Atom-Initiative «Blackout stoppen» präsentiert. Mit dem beabsichtigten Gegenvorschlag soll das AKW-Neubauverbot aus dem Gesetz gestrichen werden. Der Trinationale Atomschutzverband TRAS lehnt diesen Entscheid ab. Das ist reinste Sabotage und widerspricht dem vom Schweizer Volk entschlossenen Atomausstieg und missachtet die Interessen der angrenzenden Bevölkerung.

Noch im Juni 2024 hatte sich Bundesrat Albert Rösti für die Annahme des Stromgesetzes engagiert. Mit diesem Gesetz kann der Ausbau der Erneuerbaren vorangetrieben werden. Mit dem Kippen des AKW-Neubauverbots sabotiert der Bundesrat jetzt sein eigenes Gesetz – und dies zu einem hohen Preis. Dabei könnte er schon heute an den Nachbarländern ablesen, wie die Energiezukunft aussehen kann.

Erfolgreicher Atomausstieg in Deutschland
Die Schweiz kann sich einerseits ein Beispiel an Deutschland nehmen, das vor einem Jahr die letzten AKW vom Netz genommen hat. Seitdem ist das Licht nicht ausgegangen, sondern die Strompreise sind gesunken. Dies dank dem einheimischen Ausbau der Erneuerbaren und dem funktionierenden europäischen Strommarkt, wodurch billiger (und hauptsächlich aus Erneuerbaren stammender) Strom aus dem Ausland bezogen werden konnte.

Frankreichs AKW: Milliardenrisiko mit Stromausfällen
In Frankreich hingegen wurde vor einem Jahr der Energiekonzern EdF verstaatlicht, weil sich Investoren zurückzogen, die Schulden ständig anstiegen und der Konzern einen veralteten und unzuverlässigen AKW-Park unterhielt. Zusätzlich verzögern sich aktuelle AKW-Bauprojekte um Jahre, während die Kosten explodieren. Weil gleichzeitig die notwendigen, milliardenteuren Unterhaltsinvestitionen für die bestehenden AKW fehlen, fallen sie immer wieder aus und liefern keinen Strom. Im Jahr 2022 stand deswegen die Hälfte der AKW in Frankreich still. Das führt mittlerweile zu grosser Unsicherheit in der Stromversorgung und zu Preiserhöhungen für die Bevölkerung und Wirtschaft.

Parlament muss Fehlentscheid korrigieren
Auch hierzulande kennen die Energiekonzerne die Wirtschaftsrisiken neuer AKW – und wollen diese nicht eingehen. Also ist absehbar, dass die öffentliche Hand die milliardenhohen Kosten tragen müsste. Viel wirtschaftlicher, sicherer, schneller und besser für Mensch und Umwelt sind der Ausbau der einheimischen, erneuerbaren Energie sowie ein bilaterales Stromabkommen mit der EU. Das Bundesparlament muss die nötigen Massnahmen ergreifen, um Schweiz und das angrenzende Ausland vor einem Fehltritt mit langjährigen Konsequenzen zu bewahren.

Trinationaler Atomschutzverband TRAS sagt JA zum Schweizer Atomausstieg
TRAS vertritt die Interessen und Rechte der von nuklearen Risiken Betroffenen in Deutschland, Frankreich und der Schweiz. Der Verband unterstützt den vom Schweizer Bundesrat und Parlament beschlossenen Atomausstieg und wendet sich gegen den Weiterbetrieb der vier bestehenden AKW in Leibstadt, Beznau und Gösgen.

Aktuelle Mitglieder

Die Zusammensetzung der Mitglieder auf einen Blick:
80 Politische Gemeinden (inkl. Landkreise),
54 Organisationen (inkl. Kirchgemeinden),
99 Einzel- und Familienmitglieder

Der Verband mit seinen angeschlossenen Gemeinden (inkl. Basel-Stadt) repräsentiert eine Einwohnerzahl von rund einer Million Menschen.

Liste der TRAS-Mitglieder / Kategorie Politische Gemeinden (Stand August 2024):

Land PLZ Ort
DE 79677 Aitern
DE 79280 Au
DE 79415 Bad Bellingen
DE 79189 Bad Krozingen
DE 79410 Badenweiler
DE 79351 Bahlingen
DE 79282 Ballrechten-Dottingen
DE 79589 Binzen
DE 79283 Bollschweil
DE 79268 Bötzingen
DE 79206 Breisach
DE 79256 Buchenbach
DE 79426 Buggingen
DE 79211 Denzlingen
DE 79285 Ebringen
DE 79588 Efringen-Kirchen
DE 79238 Ehrenkirchen
DE 79356 Eichstetten
DE 79591 Eimeldingen
DE 79312 Emmendingen
DE 79346 Endingen
DE 79868 Feldberg
DE 79592 Fischingen
DE 79106 Freiburg im Breisgau
DE 79288 Gottenheim
DE 79639 Grenzach-Wyhlen
DE 79194 Gundelfingen
DE 79423 Heitersheim
DE 79194 Heuweiler
DE 79289 Horben
DE 79241 Ihringen
DE 79199 Kirchzarten
DE 79539 Lörrach
DE 79539 Lörrach (Landkreis)
DE 79429 Malsburg-Marzell
DE 79364 Malterdingen
DE 79232 March
DE 79291 Merdingen
DE 79249 Merzhausen
DE 79244 Münstertal
DE 79292 Pfaffenweiler
DE 79276 Reute
DE 79361 Sasbach
DE 79227 Schallstadt
DE 79416 Schliengen
DE 79677 Schönau im Schwarzwald
DE 79641 Schopfheim
DE 79350 Sexau
DE 79294 Sölden
DE 79271 St. Peter
DE 79219 Staufen
DE 79295 Sulzburg
DE 79331 Teningen
DE 79224 Umkirch
DE 79235 Vogtsburg
DE 79279 Vörstetten
DE 79183 Waldkirch
DE 79367 Weisweil
DE 79677 Wembach
DE 79297 Winden
DE 79369 Wyhl
F 67600 Muttersholtz
CH 4123 Allschwil
CH 4102 Binningen
CH 4433 Ramlinsburg
CH 4494 Oltingen
CH 4462 Rickenbach
CH 4450 Sissach
CH 4105 Biel-Benken
CH 2827 Schelten
CH 4125 Riehen
CH 4153 Reinach
CH 4103 Bottmingen
CH 4117 Burg im Leimental
CH 4460 Gelterkinden
CH 4106 Therwil
CH 4143 Dornach
CH 4438 Langenbruck
CH 4456 Tenniken
CH 4107 Ettingen

US-Atomindustrie erleidet Schiffbruch mit SMR-Projekt

Die amerikanische Firma NuScale Power hat am 8. November bekannt gegeben, dass sie ihr Vorzeigeprojekt eines Small Modular Reactor-Atomkraftwerks abbrechen muss. Damit platzt das fortgeschrittenste und prominenteste Projekt für kleine, fabrikgefertigte Atomkraftwerke, wie sie auch in Europa als Zukunftshoffnung beschworen werden.

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Das US Department of Energy hatte das Projekt der Start-Up-Firma NuScale Power bisher mit 600 Millionen Dollar unterstützt und weitere 1.35 Milliarden in Aussicht gestellt. Nun ist klar: Trotz dieser massiven Staatshilfe werden SMR-Technologien in den USA auf lange Zeit keinen Strom liefern. Denn NuScale Power ist das einzige Unternehmen, das bisher von der amerikanischen Aufsichtsbehörde eine Genehmigung für das Design solcher Reaktoren-Typen erhalten und einen Antrag für eine Baubewilligung eingereicht hat.

Wirtschaftlich nicht rentabel

Gescheitert ist das Projekt aus zwei Gründen. Zum einen haben technische Probleme die ursprüngliche Inbetriebnahme per 2026 stetig verzögert. Zuletzt wurde der Betrieb des «Carbon Free Project» für 2029 in Aussicht gestellt. Zum zweiten hat sich der erwartete Preis pro Megawattstunde von 55 auf 89 Dollar erhöht, ohne Subventionen der amerikanischen Steuerzahler gar auf 119 Dollar . Die rund 50 Projektpartner wollten diesen Preis für Strom aus SMR-Technologie vertraglich nicht garantieren. Doch ohne diesen Fixpreis ist das Projekt und der Betrieb nicht mehr wirtschaftlich zu finanzieren. John Hopkins, CEO von NuScale Power, erklärte gegenüber US-Medien: «Wenn man einmal auf einem toten Pferd sitzt, sollte man schnell absteigen. Das war hier der Fall.»

PR-Offensive auch in Europa

In der energiepolitischen Debatte in Europa hat diese vermeintlich bereits verfügbare, günstige und saubere Reaktortechnologie immer mehr Raum eingenommen. Das NuScale-Projekt in Utah war dabei das absolute Vorzeigeprojekt und der grosse Hoffnungsträger der hiesigen Atombefürworter. Es sollte den Beweis antreten, dass sich die Industrie über kleine und modulare Kraftwerke neu erfinden könne – und der Ausstieg aus der Atomenergie ein Fehler sei. Selbst in der Schweiz wurden im Parlament Minderheitsanträge gestellt, die das geltende AKW-Neubauverbot zumindest für diese scheinbar vielversprechende Idee von kleinen, modularen Reaktoren lockern wollten. Die Erzählung von der marktfähigen und kostengünstigen neuen Atomtechnologie haben auch viele Medien unkritisch kolportiert – obwohl weltweit noch kein SMR in Betrieb ist.

Leere Versprechen gefährden die Energiewende

Das Scheitern von NuScale entlarvt die energiepolitischen Versprechungen der Atomindustrie. Zum heutigen Zeitpunkt fehlt diesen Innovationen noch jegliche Grundlage, um darauf die Energiezukunft und die Versorgungssicherheit der Schweiz aufzubauen. Wieso soll die Schweiz solche Projekte vorantreiben, wenn selbst das massiv geförderte Aushängeschild der USA schon vor Erteilen der Baubewilligung aufgeben muss?
Vielleicht geht es ja auch nur um Obstruktion. Denn die realitätsfernen AKW-Versprechen werden meist gegen die Energiewende und die erneuerbaren Energien ins Feld geführt. Der Siegeszug der Erneuerbaren soll um jeden Preis behindert, verzögert und abgewendet werden. Dieses Kalkül einer kleinen aber einflussreichen Atomlobby gilt es in Zukunft in der energiepolitischen Diskussion zu bedenken.

In Ohio wollen die 50 Partner des SMR-Projekts von NuScale nun alternative Möglichkeiten prüfen – insbesondere den Ausbau der Solar- und Windenergie.

Links und Quellen:

NuScale Medienmitteilung vom 8.11.2023

Reuters vom 9.11.2023

Focus Online vom 10.11.2023

Tagesanzeiger vom 13.11.2023

NZZ vom 14.11.2023